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Als der Blitz Club in London einschlug

Blitz Club Logo

Nur eineinhalb Jahre existent, aber sehr stilprägend und ein unvergessenes Stück Nachtleben: Der Londoner Blitz Club im Bezirk Covent Garden war von Februar 1979 bis Oktober 1980 total angesagt. Nicht nur die damaligen britischen Musikgrößen standen Schlange, auch die Londoner Mode- und Kunstszene erlebte hier optische Auswüchse, die man zuvor nicht für möglich gehalten hätte. Der Blitz Club gilt zugleich auch als Brutstätte der New-Romantic-Bewegung, die Bands wie Visage, Ultravox, Culture Club, Duran Duran, The Human League und Spandau Ballet hervorbrachte. Letztere hatten auch ihren allerersten Liveauftritt im Blitz Club.

Gleich die erste Band in der Aufzählung – Visage – führt uns auch zu den Gründern des Blitz Clubs. Sänger Steve Strange († 2015) und Schlagzeuger Rusty Egan waren es nämlich, die federführend den Blitz 1979 einschlagen ließen. Sie teilten sich eine Wohnung und hatten zuvor schon erste Erfahrungen mit einer regelmäßigen Clubnacht unter der Woche im Billy’s in Soho gemacht, wo übrigens parallel auch ein gewisser David Bowie eine eigene Clubnight hatte. Im Billy’s gründeten Strange und Egan mit ein paar Mitstreitern 1978 auch ihre Band Visage. Ein Jahr später sahen die beiden dann in einem unscheinbaren, aber geräumigeren Weinlokal in der Great Queen Street ihre Chance gekommen, um das Billy’s hinter sich zu lassen und mit dem Blitz ihr ganz eigenes, größeres Ding zu machen. 

Nur dienstags und bitte durchgestylt!

Sie gingen geschickt vor: Weil man ja weiß, dass künstliche Verknappung ein funktionierender Weg zum Hype sein kann, öffneten sie ihren Laden konsequent nur dienstags. Nebenbei bemerkt, war das auch der einzige Abend, den ihnen Weinbarbesitzer Brendan zugestand. Außerdem gab es einen äußerst strengen Dresscode, der Extravaganz, Kreativität und ein androgynes Erscheinungsbild erforderte. So wurde der exklusive Club dank zunehmender Mundpropaganda rasch zum Sammelbecken für Kunststudenten, Modedesigner und Musiker.

Über allem wachte Steve Strange als strenger Türsteher und ließ nur die als Blitz Kids bekannten, modebewussten Gäste herein. Rusty Egan wiederum tat sich als Resident-DJ hervor und schuf eine Art neuen Soundtrack der Bewegung: Er mischte Glam, europäische Elektronik à la Kraftwerk, frühe Synthpop-Stücke und Art-Rock mit aktuellen Clubhits. Ein bekanntes Gesicht arbeitete auch an der Garderobe: George O’Dowd, besser bekannt als Boy George

Steve Strange, David Bowie und die Blitz Kids

Vor allem modisch setzte der Blitz Club neue Maßstäbe. Inspiriert von David Bowie und der frühen Glam-Rock-Szene, aber auch von historischen und futuristischen Styles, experimentierten die Blitz Kids mit ausgefallenen Outfits, dramatischem Make-up und androgyner Anmutung, was auch zu einer gewissen Sichtbarkeit von queerer Kultur beitrug. Das geschah ganz bewusst. In einem Interview verriet Rusty Egan etwas mehr über die Beweggründe für ihre Clubnacht: „Wir begannen den Abend im Blitz wegen homophober Schläger und Gewalt gegen alle, die anders sind. Die Türpolitik diente nur dazu, sicherzustellen, dass die richtigen Leute hereinkamen.“ 

Wer auf jeden Fall herein durfte, waren auch einige spätere Modedesigner, wie Hutmacher-Ikone Stephen Jones, David Holah (BodyMap) oder Michele Clapton (dreifache Grammy-Gewinnerin für ihre Kostüme für „Game of Thrones“). Sie testeten hier erstmals ihre Kreationen am „lebenden Objekt“. Die unglaublichen Looks führten der Legende nach sogar dazu, dass Stammgast David Bowie 1980 Steve Strange und drei Blitz Kids für sein legendäres Musikvideo „Ashes to Ashes“ engagierte, was die Bewegung endgültig in den Mainstream katapultierte. 

Mainstream – ein unsäglich böses Wort in dieser avantgardistischen Szene! So war es im Prinzip auch nicht mehr so verwunderlich, dass der Blitz Club im Oktober 1980 in der schnelllebigen New-Wave-Kultur genauso schnell wieder verschwand, wie er urplötzlich aufgetaucht war. Die spezielle Energie des Clubs und seiner Gäste verteilte sich also anschließend gezwungenermaßen über die halbe Stadt und fand an anderen Orten wie im Londoner Club „The Camden Palace“ zumindest in Ansätzen ihre Fortsetzung.

Ausstellung in London noch bis März 2026

Tipp für London-Besucherinnen und Besucher: Aktuell läuft noch bis 29. März 2026 die Ausstellung „Blitz – the Club that shaped the 80s“ im Design Museum London nahe dem Holland Park. Die Ausstellung wurde in enger Zusammenarbeit mit einigen der führenden Blitz Kids, die damals alles live miterlebt haben, entwickelt. Sie umfasst über 250 Exponate, darunter Kleidung und Accessoires, Designskizzen, Musikinstrumente, Flyer, Zeitschriften, Möbel, Kunstwerke, Fotografien, Schallplatten und seltenes Filmmaterial.